40 Jahre PROFOLK | 01.11.24

1984 gründeten sechs Folkclubs aus Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bremen in Göttingen den Verein PROFOLK. Heute vertritt der Verband für Lied, Folk und Weltmusik bundesweit Vereine und Kulturinitiativen, Musiker und Bands, Agenturen, Instrumentenbauer, Journalisten und Rundfunkredakteure, Labels, Verlage sowie Veranstalter. Entstanden ist ein Netzwerk von Aktiven. PROFOLK startet vielfältige Initiativen, um den Menschen die Schönheit, die Möglichkeiten und die Freude an Lied, Folk und Weltmusik näherzubringen und zugleich bessere Rahmenbedingungen für die Szene zu schaffen.

Irish Folk mit Squish aus Hannover beim Jubiläumskonzert im Buchcafé Bad Hersfeld (Foto: Wolfgang Leyn)

Sein 40-jähriges Bestehen feierte PROFOLK am 1. November mit Jubiläumskonzert, Session, Gedankenaustausch und Jahreshauptversammlung in Bad Hersfeld. Im soziokulturellen Zentrum „Buchcafé“ musizierten des Duo Akleja aus Tübinger Gegend und danach die Band Squish aus Hannover. Das Konzert begann mit einer Entdeckungsreise in alte Tanzmusikhandschriften, ehe dann Irish Folk geboten wurde. Bevor die beiden Bands musizierten, stellten die Vorstandsmitglieder Peggy Luck, Tim Liebert, Thomas Strauch und Gunnar Wiegand sich selbst und PROFOLK musikalisch vor. Ein vielfarbiges Programm auf hohem Niveau, mit leider nur wenig lokalem Publikum. Im Foyer gezeigt wurde die Ausstellung „1976 folkende“ über die Entwicklung der DDR-Folkszene von ihrer Konstituierung 1976 bis hin zum Rudolstadt-Festival, dem „schönsten Kind der deutschen Einheit“, wie es ZEIT-Kolumnist Christoph Dieckmann treffend nannte.

Bilder vom Jubiläumstreffen am 1. November 2024 in Bad Hersfeld

Folgenreiche "Schnuppertage" (Einladungsplakat, Sammlung Wolfgang Leyn)

Vereinigungstreffen beider deutscher Folkszenen

Dass das 40-jährige Jubiläum nicht in Göttingen gefeiert wurde, sondern in Bad Hersfeld, hat einen guten Grund: Im November 1990 fand in diesem hessischen Kurort wenige Kilometer vor der einstigen deutsch-deutschen Grenze das wichtigste Treffen der Vereinsgeschichte statt. Kurz nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik kam damals PROFOLK mit Vertretern der ostdeutschen Folkszene zusammen. Dabei wurde vereinbart, 1991 in Rudolstadt gemeinsam ein Festival zu veranstalten.

Enge Verbindungen in die DDR

Zwei der wichtigsten Teilnehmer am Bad Hersfelder „Vereinigungstreffen“ konnten leider nur aus der Ferne mitfeiern. Da ist zum einen Jens-Peter Müller in Flensburg, der damalige Vorstandsvorsitzende von PROFOLK. Er hatte enge familiäre Verbindungen nach Ostdeutschland, organisierte 1985/86 für den DDR-Liedermacher Gerhard Schöne Konzerte in der Bundesrepublik. Den Mauerfall am 9. November 1989 erlebte er gemeinsam mit der Ostberliner Folkband JAMS beim Folkfestival in Kevelaer (Nordrhein-Westfalen). Schnell war man sich einig, das nächste PROFOLK-Treffen müsste ein gesamtdeutsches sein. Als West-Verband wollte man aber nicht in den Osten einladen. So kam dann das Buchcafé in Bad Hersfeld ins Spiel.

Kontakte zum Rudolstädter Tanzfest

Mindestens genauso wichtig war die Teilnahme von Ulrich Doberenz. Der Folkmusiker und -veranstalter aus Leipzig hatte als Chef des Leipziger Folkklubs Kontakt zum DDR-Tanzfest in Rudolstadt, hatte dort seit 1983 Mitmach-Tanz-Veranstaltungen organisiert. Nun bot sich dort die Möglichkeit, anstelle des bisherigen Bühnentanz-Festivals mit Ensembles aus der DDR und den Ländern des Ostblocks ein internationales Tanz- und Folkfestival zu organisieren. Sein Vorschlag, das mit einem deutsch-deutschen Team zu organisieren, stieß in Bad Hersfeld auf offene Ohren.

„Riesengeschenk für die Szene“

Gesagt, getan. Innerhalb von nur einem halben Jahr wurde dann in Rudolstadt das Tanz- und Folkfest (tff) auf die Beine gestellt. Ausgerichtet wurde es von der Stadt gemeinsam mit PROFOLK und dem westdeutschen Szeneblatt Folk-MICHEL, das 1997 mit dem ostdeutschen Folkblatt zum folker fusionierte. Das tff entwickelte sich zum größten Festival seiner Art in Deutschland und einem der wichtigsten in Europa. Direktor war bis 2018 der Leipziger Uli Doberenz. Jens-Peter Müller arbeitete vor allem in den ersten Jahren im Team des Rudolstädter Festivals mit. 2005 gehörte er zu den Gründern des folkBALTICA-Festivals in und um Flensburg.

Das Festival in Rudolstadt war ein Riesengeschenk für die Szene. Dort pulsiert ihr Herz. Und das Team war von Anfang an deutsch-deutsch.

Jens-Peter Müller

Konzert von Kepa Junkera auf dem Rudolstädter Schulplatz beim tff 1991 (Foto: Ulrike Triebel)