Filmtipp: „Joan Baez – I Am a Noise” | 06.01.24

Filmplakat "Joan Baez - I Am a Noise"
Filmplakat am Leipziger "Passage Kino" (Foto: Wolfgang Leyn)

Am 9. Januar wird die Künstlerin 83 Jahre alt. Im Dokumentarfilm blickt sie zurück auf ihre über 60-jährige Karriere. Sie spricht über den frühen Ruhm, über Begegnungen mit Martin Luther King, ihre Beziehung zu Bob Dylan, aber auch über Lampenfieber, Panikattacken, über Missbrauch und Vergebung. Weltpremiere feierte „I Am a Noise“ während der Berlinale 2023. Seit Ende Dezember ist er in deutschen Programmkinos zu sehen. Ich kann ihn nur wärmstens empfehlen.

VON WOLFGANG LEYN

Das ist weder ein Konzertfilm noch eine politische Dokumentation. Stattdessen zieht die legendäre Folksängerin eine sehr persönliche Lebensbilanz. Über mehrere Jahre folgten die drei Regisseurinnen der Künstlerin, darunter auf ihrer letzten Tournee. Aus Konzertausschnitten, Bildern von politischen Kämpfen gegen die Rassendiskriminierung in den USA, gegen den Vietnamkrieg, aus Tagebucheintragungen, Zeichnungen und Home-Movies entsteht das bewegende Bild einer großen Künstlerin und mutigen Frau. Das „Gottesgeschenk“ ihrer Stimme, wie sie es nennt, und ihre Berühmtheit schon im jugendlichen Alter von 18 Jahren, setzte Joan Baez konsequent für unterdrückte, rechtlose, marginalisierte Menschen ein. Ihr christliches Elternhaus und frühe Diskriminierungserfahrungen wegen ihrer dunklen Hautfarbe haben sicher dazu beigetragen.

Wir erfahren im Film viel über ihr Leben auf der Bühne und jenseits davon. Schönes und Tragisches über das Verhältnis zu ihren Schwestern, deren Jüngere, Mimi Fariña, ebenfalls Sängerin wurde, aber schon mit 56 Jahren an Krebs starb. Der langjährigen Freundschaft mit Karen O’Connor, einer der drei Regisseurinnen des Films, ist es zu verdanken, dass Joan Baez einen ungewöhnlich tiefen Einblick in ihre Gefühlswelt gibt. Sie spricht offen über gescheiterte Partnerschaften, über Drogen und die „inneren Dämonen“, die sie seit ihrer Jugend verfolgen, über Psychotherapien, das Trauma des sexuellen Missbrauchs, über Schuld und Vergebung, über das Altern.

„Joan Baez – I Am a Noise” (USA 2023), Dauer: 113 Minuten, Regie: Miri Navasky, Maeve O’Boyle, Karen O’Connor
Seit 28. Dezember 2023 ist der Film in ausgewählten Kinos in Deutschland zu sehen – in Originalfassung mit deutschen Untertiteln.
Vorführtermine in deutschen Kinos
Trailer zum Film
Video-Mitschnitt der Abschiedstour im Pariser „Olympia“ (13. Juni 2018)