Herzlichen Glückwunsch zum Bühnenjubiläum! | 29.09.24

Cathrin Pfeifer (Foto Götz Rakow)
Cathrin Pfeifer ist eine von Deutschlands profiliertesten Akkordeonistinnen (Foto: Götz Rakow)

VON WOLFGANG LEYN

Seit 30 Jahren steht Cathrin mit eigenen Projekten auf der Bühne. Solistisch oder mit Band gastierte sie auf vier Kontinenten. Ihre Musik vereint unterschiedlichste Genres: Weltmusik, Jazz, Tango. Knapp zehn Jahre lang spielte sie in der Folkband JAMS. Beim Jubiläumskonzert am 28. September in der Berliner WABE konnte ich leider nicht dabei sein. Daher nur aus der Ferne meine Gratulation, verbunden mit dem Wunsch, dass sie noch lange Freude an und Erfolg mit ihrer Musik haben möge.

In den 80ern Quereinsteigerin in die DDR-Folkszene

Aufgewachsen in Ostberlin, begann Cathrin als Neunjährige, Akkordeon zu spielen, lernte dann an der Musikschule Berlin-Lichtenberg. 1983 oder 1984, gegen Ende ihres Studiums an der Musikhochschule „Hanns Eisler“, kam sie in Kontakt mit der Folkband JAMS. Zu dieser Zeit hatte sich das ostdeutsche Folkrevival schon so weit professionalisiert, dass es auch für studierte Musiker als Quereinsteiger interessant wurde, wie sich Jo Meyer erinnert:

Für Cathrin war dieses Timing Ideal. Das Musikstudium so gut wie geschafft, drohte ein dröges Dasein an einer Brandenburger Musikschule, alternativ ein ergebnisoffenes Abenteuer mit europaweitem Input bei JAMS. Cathrins musikalische Offenheit und handwerkliche Souveränität brachten die Band in eine neue Dimension, zugleich eröffnete JAMS ihr neue Horizonte.

Zum einen sei Folk-Tanzmusik eine gute Schule fürs Handwerk. Bei rund 80 meist 3- bis 4-stündigen Auftritten pro Jahr mit JAMS-Tanzhaus habe es da eine Menge zu spielen gegeben. Zum anderen verweist Jo auf die Konzertprogramme der Band. Durch das intensive musikalische Zusammensein begannen damals alle JAMS-Mitglieder, eigene Stücke zu komponieren. Sie ergänzten sich perfekt und waren gemeinsam heiß auf neue Erfahrungen und Dimensionen.

JAMS wurde auch zum Katalysator für Cathrins Sehnsucht nach Abenteuern in fremden Ländern. Kaum purzelte die Mauer, war JAMS in westdeutschen oder schwedischen Rundfunkstudios, machte Touren durch Österreich, Schweden, Italien, USA, England und Belgien, spielte sehr erfolgreich auf großen Festivals. Das hat Spuren bei Cathrin hinterlassen.

JAMS, vermutlich 1983 (Foto: Sammlung Jo Meyer)
JAMS, wohl 1983: Bernd Gesell, Cathrin Pfeifer, Gabi Meyer, Jo Meyer - von links (Foto: Sammlung Jo Meyer)

Bandgründung in den 90ern

Seit 1994 hat die Musikerin eine eigene Band. Begonnen hat es als Duo mit dem argentinischen Perkussionisten Topo Gioia. Von da an zählt Cathrin ihre Bühnenkarriere. Zugute kam ihr damals, ergänzt Jo Meyer, dass das Akkordeon in der Wahrnehmung junger Leute das Image des „Schifferklaviers“ inzwischen abgestreift hatte. Dafür sorgte in der Popmusik zum Beispiel Paul Simon mit „Graceland“, in der Weltmusik wären 3 Mustaphas 3 oder Les Négresses Vertes zu nennen.

Vielseitig, virtuos, bezaubernd

Cathrin ist eine erstaunlich vielseitige Musikerin, die sich nicht auf ein Genre festlegen lässt. Ihre instrumentalen und kompositorischen Qualitäten führten zu Kooperationen mit Künstlern unterschiedlichster Sparten. So spielte sie in der Klezmer-Avantgarde-Band Ahava Raba, ging mit der Rockband Keimzeit auf Tour, beteiligte sich am Fontane-Projekt des „Clubs der toten Dichter“ und an der Opernaufführung des US-amerikanischen Free-Jazzers Steve Lacy, tourte mit der sizilianischen Folksängerin Etta Scollo. Hochgeschätzt ist Cathrin Pfeifer als Künstlerin und als sympathische Team-Playerin. Manfred Wagenbreth erinnert sich gern an das gemeinsame Gastspiel 1996 beim Rudolstadt-Festival und zwei weiteren Folkfestivals in Tschechien und Polen:

Damals war Cathrin so freundlich, mit ihrem Akkordeon der Band Bierfiedler auszuhelfen. Besonders in Erinnerung blieb mir diesbezüglich das Gewitterkonzert der Band beim Festival in Rudolstadt und die anschließende Tour ... Und falls ich nicht ohnehin schon Fan von ihrer Musikalität, ihrer Virtuosität, ihrem Improvisationstalent und ihrer bezaubernden Art gewesen wäre, so hätten mich diese Anlässe ganz zweifellos dazu gemacht.

Cathrin komponierte Hörspiel- und Bühnenmusik und gastierte mit dem Deutschen Theater in Paris und Teheran. Für Andreas Dresens Episodenfilm „Nachtgestalten“ lieferte sie den Soundtrack. Solokonzertreisen führten sie bisher u. a. nach Brasilien und Argentinien, in die USA, nach Frankreich, Italien, Großbritannien, Österreich, Marokko, Polen, Finnland, Russland, China, Benin, Togo, Mosambik und Madagaskar.

Musikalische Weltenbummlerin mit eigenem Stil

Anregungen aus ganz unterschiedlichen musikalischen Genres wie World Music, Rock, Jazz, Avantgarde, aus Musikkulturen Brasiliens, Argentiniens oder Afrikas verwebt Cathrin Pfeifer scheinbar mühelos zu ihrem eigenen Stil. Dieser habe „etwas tänzerisch Leichtes, Unbeschwertes und sehr Weibliches“ schrieb der Rezensent der Braunschweiger Zeitung nach einem Gastspiel und weiter: „Die Berliner Musikerin, Komponistin und Weltreisende lebt und spielt ihre Lieder mit Leib, Seele und einem neckischen Augenzwinkern“. Der Rezensent der Zeitschrift Melodie & Rhythmus nannte Cathrin Pfeifers Melodien „mal koboldhaft, mal romantisch, immer vital und energiegeladen“ und schwärmte von „ebenso beseelten wie verspielten, zum Wegträumen einladenden Klanglandschaften“. Eine „Voodoo-Meisterin des Akkordeons" erlebte das französische Accordeon Magazine.

Das Bühnenjubiläums-Konzert am 28. September in der Berliner WABE widmete Cathrin ihrem langjährigen musikalischen Partner Topo Gioia, der im April 2024 einem Herzinfarkt erlag. Mit ihr auf der Bühne standen u. a. der Weltmusik-Cellist Sonny Thet, der Jazz-Gitarrist Jürgen Heckel, ein Fado-Trio, der Liedermacher Lüül und Cathrins aktuelle Band, das Trio Trezoulé, das seine Musik wie folgt beschreibt: „Quetschen-Magie, Drum-Codes plus Western-Strings“.

Musik-Videos mit Cathrin Pfeifer solo bzw. mit Trezoulé

TREZOULÉ: Takashi Peterson, Gitarre; Cathrin Pfeifer, Akkordeon, Andi Bühler, Schlagzeug - von links (Foto: trezoulé.com)
TREZOULÉ: Takashi Peterson, Gitarre; Cathrin Pfeifer, Akkordeon, Andi Bühler, Schlagzeug - von links (Foto: trezoulé.com)