17 Bands aus fast allen DDR-Bezirken kommen im Januar 1984 zur Werkstatt nach Leipzig. Fast die Hälfte von ihnen sind Nachwuchsbands. Auf dem Programm stehen Erfahrungsaustausch, öffentliche Auftritte und Sessions. Profilierte Bands zeigen Konzeptprogramme mit folkloristischen Kabarettchansons oder folkinspirierter Kammermusik. Der neugegründete Folkklub Leipzig stellt sich vor, der erste seiner Art in der DDR.
Republikweite Folkwerkstätten seit 1976
Werkstatt-Tage sind eine typische DDR-Veranstaltungsform. Erfunden hat sie Mitte der 60er Jahre die FDJ-Singebewegung. Dazu gehören öffentliche Auftritte, der Erfahrungsaustausch untereinander und mit Experten sowie geselliges Beisammensein. Die Folkwerkstätten 1976 in Leipzig und 1977 in Ostberlin hatte die Szene selbst organisiert. Ab 1980 lud dann das Zentralhaus für Kulturarbeit nach Leipzig ein, das dem DDR-Kulturministerium unterstand und für die Anleitung des „künstlerischen Volksschaffens“ zuständig war. Die Inhalte wurden jedoch weiterhin maßgeblich von der (mit)gastgebenden Band Folkländer bestimmt.
1982 kam es zum Eklat, als die Uraufführung der Folkoper „Die Boten des Todes“ verboten wurde. 1983 protestierten während der Folkwerkstatt mehrere Bands mit selbstgetexteten „Malzhausliedern“ gegen die Schließung eines Plauener Jugendklubs, der für die Szene große Bedeutung hatte. Die Spannungen zwischen Folkszene und Kulturbehörden lassen sich in Jürgen B. Wolffs Werkstatt-Plakat ablesen. 1985 verlegt das Zentralhaus für Kulturarbeit die Werkstätten dann ins ruhigere Hinterland nach Mecklenburg bzw. Thüringen, weit weg vom „Ärgernis-Ort“ Leipzig.
Folk und Folk-Inspiriertes
Im Januar 1984 findet die Werkstatt letztmalig in Leipzig statt. 17 Bands aus fast allen DDR-Bezirken nehmen teil. Sieben Nachwuchsbands erleben ihre Werkstattpremiere. Profi-Bands aus Halle und Leipzig stellen dramaturgisch durchgestaltete Konzeptprogramme vor: „Notentritts Nachtprogramm“ mit folkloristisch angehauchten Kabarettchansons und „Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben“ von Folkländers Bierfiedler, während Heureka aus Cottbus folkinspirierte Kammermusik spielt. Im Vorjahr hatte Wacholder sein Heine-Programm zur Folk-Werkstatt nach Leipzig mitgebracht, Liedehrlich präsentierte eigene Vertonungen von DDR-Lyrik.
Erster DDR-Folkklub
Diskutiert wird während der 1984er Folk-Werkstatt über Quellenforschung, Spieltechnik und über den Eigenbau historischer Musikinstrumente wie Dudelsack und Drehleier. Außerdem auf dem Programm: geselliges Musizieren in diversen Kneipen der Stadt Leipzig. Nachts gibt es wie bei den Werkstätten üblich Jam Sessions. Vor allem aber stellt sich der gerade erst gegründete Folkklub Leipzig vor. In dieser Interessengemeinschaft, der ersten ihrer Art in der DDR, wirken bald bis zu 100 Musiker, Tänzer und Freunde von zehn Leipziger Folkbands mit. Ähnliche Folkklubs entstehen später auch in Berlin und Hoyerswerda, Ilmenau und Schwerin. Was Mitgliederzahl, Aktivität und Kontinuität angeht, sind sie jedoch nicht mit dem Leipziger zu vergleichen.
Während der 5. Zentralen DDR-Folkwerkstatt richtet der Folkklub Leipzig die Abschlussveranstaltung aus – als Volkstanzabend im Großen Saal der Kongresshalle am Zoo. Aufgespielt wird von vier Bands aus Leipzig, Erfurt und Berlin. Schon seit 1983 lädt der Folkklub unter dem Motto "Tanz in der Halle" einmal im Quartal zum Mitmach-Volkstanz. Jeweils einer dieser Tanzabende in der Kongresshalle ist größer angelegt und verbunden mit Auftritten von Rock- oder Jazzbands, Liedermachern oder Straßentheater, mit Kinderfest und Singen mit Senioren Auf den „Einwurf“ von 1983 folgt 1984 der „Zweitwurf“, 1985 dann „Dreierhopp“…