1985 waren 80 Prozent der Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren FDJler, d. h. Mitglieder der sozialistischen Jugendorganisation. Verweigerer hatten schlechte Karten für Abitur und Studium. Im Alltag von Schülern, Lehrlingen, Studenten und Wehrpflichtigen war die einzige in der DDR zugelassene, von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) gelenkte Jugendorganisation allgegenwärtig. Sie gab nicht weniger als 19 Zeitungen und Zeitschriften für junge Leser heraus, vom ABC-Schützen bis zum Studenten, darunter die „Junge Welt“, die mit 1,6 Millionen Exemplaren (1990) auflagenstärkste Tageszeitung des Landes. Nicht zu vergessen das Jugendradio DT 64 oder das Reisebüro Jugendtourist. Die FDJ bemühte sich um die „klassenmäßige Erziehung“ in „Zirkeln junger Sozialisten“, initiierte Jugendobjekte in der Volkswirtschaft, organisierte groß angelegte Pfingsttreffen, kümmerte sich um Jugendmode und Jugendtanz. Sie förderte (und lenkte) auch den künstlerischen Nachwuchs, u. a. durch jährliche Werkstattwochen für Singeklubs (seit 1967), Jugendtanzmusik (seit 1972), das Poetenseminar (seit 1970). Das internationale Festival des politischen Liedes in Berlin (ab 1970) war für Liedermacher, Singeklubs und Folkbands ein wichtiges Fenster zur Welt. In den Achzigern veranstaltete die FDJ in Ost-Berlin große Open-Air-Festivals wie den Liedersommer und den Rocksommer. Bis 1989 war die FDJ der größte Veranstalter auf dem Gebiet von Folk und Lied. „Wer an Geld heranwollte, kam im Prinzip nicht an ihr vorbei.“ Die schätzungsweise 9000 Jugendklubs unterstanden allerdings nur nominell der FDJ, tatsächlich dem jeweiligen Rat des Kreises.
Kirchenwitz: Folk, Chanson und Liedermacher in der DDR, S. 43.